Die Ankündigung des neuen Verteidigungsministers, schnell mit der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ins Gespräch kommen zu wollen, begrüßen wir, so der Hauptgeschäftsführer des BDSV, Dr. Hans Christoph Atzpodien. „Kurzfristige Gespräche über verlässlichere Nachschub- und Nachbeschaffungswege sind jetzt zwingend notwendig, um sicherzustellen, dass die Bundeswehr trotz der Abgaben von Gerät an die Ukraine einsatzbereit bleibt.“
Die Vermeidung von Krieg ist und bleibt der entscheidende Hebel, um Nachhaltigkeit im Sinne des ESG-Dreiklangs zu gewährleisten und erfüllt darüber hinaus auch das entscheidende Gebot aus Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, nämlich das Recht auf Leben als zentrale Garantie und Vorbedingung der Ausübung aller anderen Menschenrechte. Die Gleichung muss also lauten: Ohne Rüstung kein Frieden. Unter Nachhaltigkeits-Vorzeichen bedeutet dies für uns in Deutschland: Ohne Rüstung keine Nachhaltigkeit.
Am 24.12. erschien in der F.A.Z. ein Artikel, von Archibald Preuschat, in der Kolumne "Börsenwoche", mit dem Titel: "Frieden auf Erden".
Hierzu nahm Dr. Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV, mittels eines Leserbriefes Stellung.
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Die Koalitionspartner haben im Koalitionsvertrag vereinbart, sich für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz (REKG) einzusetzen mit dem Ziel, „den gemeinsamen Standpunkt der EU mit seinen acht Kriterien sowie die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen in einem solchen Gesetz zu verankern.“
Nachdem das BMWK mittlerweile als Entwurf „Eckpunkte für das Rüstungsexportkontrollgesetz“ vorgelegt hat, soll hier unsere ursprüngliche Position, die den grundsätzlichen Mehrwert eines neuen Gesetzes hinterfragt, zunächst nicht weiter vertieft werden. Stattdessen wollen wir uns auf die Punkte konzentrieren, die in den vorgelegten Eckpunkten aus unserer Sicht fehlen bzw. nicht passend erscheinen. Was bislang vor allem fehlt, ist ein strategischer, durch sicherheits- und verteidigungspolitische Leitlinien gesetzter Rahmen, in dem Entscheidungen über Rüstungsexporte getroffen werden.
„Auch uns als Industrie ist es wichtig, dass unsere Produkte nicht in falsche Hände geraten. Daher sind auch wir von jeher für eine konsequente und entsprechend umsichtige deutsche Rüstungsexportkontrollpolitik. Bereits heute besitzt die Bundesregierung über die bestehenden umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen alle Möglichkeiten, um eine solche Rüstungsexportpolitik durchzusetzen. Ein darüber hinaus gehendes Gesetz erhöht nach unserer Ansicht daher nicht das exportkontrollrechtliche Niveau, sondern könnte vielmehr die Bundesregierung in ihrer exekutiven Eigenverantwortung bei der Genehmigung von Exporten einschränken.
Dies gilt ganz besonders im Kontext europäischer Rüstungskooperation, für die sich erst unlängst wieder Bundeskanzler Scholz und Bundesverteidigungsministerin Lambrecht nachdrücklich ausgesprochen haben. Hier gilt, nicht durch einen nationalen Sonderweg die Harmonisierung von Rüstungsexportkontrolle mit unseren europäischen Partnern zu erschweren. Zudem ist angesichts der besonderen strategischen Bedeutung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im Kontext von Resilienz sowie Landes- und Bündnisverteidigung zu beachten, dass nicht die die ohnehin geringen unternehmerischen Spielräume der stark mittelständisch geprägten deutschen Branche noch weiter beschränkt werden.
Als privatwirtschaftlich konstituierte Branche kann die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie nur auf einer wirtschaftlich tragfähigen und planbaren Grundlage langfristig existenzfähig sein. Falsche strategische Rahmenbedingungen können sehr schnell dazu führen, dass Deutschland entgegen seiner erfolgten strategischen Festlegung in absehbarer Zukunft durch übermäßige Einschränkungen im Wettbewerb schon bald nicht mehr über eine leistungs- und innovationsstarke Sicherheits- und Verteidigungsindustrie verfügen könnte.“
Anders als in zurückliegenden Zeiten kann man der Bundesregierung derzeit wirklich nicht vorwerfen, dass sie zu wenig über Sicherheit und Verteidigung reden würde – ganz im Gegenteil. Den eindrucksvollen und kraftvollen Auftakt bildete die Regierungserklärung des Bundeskanzlers am 27.02.2022 als unmittelbare Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine, gefolgt von der parlamentarischen Umsetzung des Bundeswehr-Sondervermögens in Höhe von 100 Mrd. Euro. Weil sich jedoch verschiedene offene Fragen herausgebildet hatten, u.a. nach der Umsetzung des Versprechens, von nun an in jedem Jahr mehr als 2 % des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, äußerten sich Kanzler und Verteidigungsministerin ab Ende August gleich mehrfach zu Themen der Sicherheit und Verteidigung. Am 29.08. sprach der Kanzler darüber in seiner Prager Europa-Rede. Am 12.09. hielt die Bundesverteidigungsministerin eine „Grundsatzrede“ bei der DGAP und nur vier Tage später legte der Kanzler mit einer Rede bei der Bundeswehrtagung noch einmal nach.
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